12. Dezember 2011

Busfahren...

Busfahren... Ich wurde mal von einem Amerikaner gefragt, wie ich so zur Uni komme. Als ich wahrheitsgemäß antwortete, dass ich den Bus nehmen würde, wurde er etwas einsilbig. In Amerika, wo man schon mit 16 entweder sein eigenes Auto hat oder schlichtweg uncool ist, ist Busfahren sowas wie die Höchststrafe für jeden Teenager. Generell scheint das Busfahren einen sehr schlechten Ruf zu haben, was ich teilweise echt verstehen kann...

Das liegt jetzt nicht so sehr an den Bussen selber (vorausgesetzt die fahren vor lauter Streik auch mal), sondern an den Insassen (wow, hört sich irgendwie nach Knast an...).

Ich bin ein Buskind. Ich musste schon mit dem Bus fahren, um in den Kindergarten zu kommen und das hat sich bis zur Mittleren Reife durchgezogen. Als ich auf ein Gymnasium gewechselt bin konnte ich ab und an mit meinem Vater fahren, musste aber im Schlimmstfall auf eine recht beschissene Busverbindung zurück greifen. Die Erlösung kam mit 18: Mein eigenes Auto! Fahrgemeinschaften wurden gebildet und mit rücksichtslosem Fahren, lauter Musik und einem enormen Zeitvorsprung konnte ich mir sogar einen Stammparkplatz im Schulparkhaus ergattern! Ich war sooo stolz endlich einen fahrbaren Untersatz zu haben und schwor mir nie, nie, nie wieder mit dem Bus zu fahren!
Und dann zog ich weg, um zu studieren. Das erste, was ich mir an der Uni besorgt habe - ein Busticket...

Nein, ganz ehrlich, so schlimm ist Busfahren nicht! Samstags bin ich sogar heilfroh über den Bus, denn da steht man zumindest nicht selbst im Stau in der Innenstadt. Aber als ich noch zu hause wohnte, in einem 100-Seelen Kaff am Ellenbogen der Welt war das Busfahren mit den langen Strecken und dem zigmaligen Umsteigen die Hölle. Hier in Konstanz kann ich über die Busanbindung gar nicht meckern. Ich komme zu (beinahe) jeder Uhrzeit überall hin.
Trotzdem ist das Klientel,m dass da manchmal mit im Bus sitzt recht zweifelhaft...

Als wir noch außerhalb wohnten ist mir jemand im Bus begegnet, den ich liebevoll den "Ameisenmann" nenne. Als ich an der Uni einstieg saß er auf einem Platz am Gang, der Fensterplatz neben ihm war frei. Ich fragte ihn höflich, ob er nicht rutschen möchte, damit ich mich auch hinsetzten konnte, doch er stand auf und ließ mich durchrutschen, da er am Gang sitzen bleiben wollte. Ich also ans Fenster gesetzt, ein Buch gezückt und angefangen zu lesen.
Ich lese immer im Bus und wenn ich gerade an einen Absatz oder so komme, dann mache ich einen Rundblick um einzuschätzen wo wir gerade sind. Es war schon dunkel und ich wagte nach einem Absatz einen Rundblick - aha, Litzelstetten, dauert noch etwas - und streifte mit meinem Blick auch meinen Nebensitzer. Was ich da sah war zuerst etwas unglaubwürdig und ich dachte erst, dass ich mich geirrt hatte. Ein schielender Seitenblick bestätigte es jedoch:
Auf seinem nackten, haarigen Arm krabbelten Ameisen umher! Ich wusste nicht genau, wie ich reagieren sollte, darum tat ich das einzige, was mir in der Situation übrig blieb: ich rutschte näher ans Fenster und las weiter. Als der Mann ausstieg wollte ich aufatmen, doch er hatte einige seiner Schergen zurück gelassen, die sich jetzt auf dem Sitz tummelten. Zwei Haltestellen später stieg ich aus.
Ich weiß nicht wer er war und was er mit den Ameisen geplant hatte...

Natürlich erlebt man im Bus immer wieder so kleine Abenteuer.
Unfreundliche Frauen, ältere Menschen, die nicht ans Fenster durchrutschen weil sie Angst haben nicht aus dem Bus zu kommen, Leute die den ganzen Bus mit ihren Handy-Gesprächen unterhalten... Ich bekomme so etwas aber meistens nur mit, wenn ich meinen MP3-Player vergesse oder die Batterie desselben leer geht. Denn dann bin ich gezwungen mich mit meiner Umgebung zu beschäftigen bzw. kann mich meistens gegen deren Geräuschkulisse nicht mehr wehren.
So durfte ich letztes Jahr das Streitgespräch einer Studentin mit ihrer Mutter mitanhören und vor ein paar Tagen einer komplett Artikel- und Pronomen-freien Konversation einer Gruppe Teenager lauschen. (Mal ganz ehrlich, was ist so schlimm der, die, das oder ein, eine, einer zu verwenden? Haben die Jugendlichen heutzutage so wenig Zeit? Und wenn ja, warum kann man hinter jeden Satz ein "Ich schwör" oder "Nich waaahr?" dran hängen?)
Heute war es besonders 'dufte' im Bus. Als ich zur Uni fuhr setzte sich eine lebende Zigarette neben mich. Woran ich erkannte dass sie lebendig war? Weil sie irgendwann anfing mit ihrem Handy zu quasseln. Ich saß am Fenster und sie stank das ganze hintere Abteil des Busses voll. Und ich kam nicht weg! Wie auch, eingequetscht zwischen Fenster, Vordersitz und der Quelle des apokalyptischen Gestanks gab es kein Entrinnen. Also habe ich mich möglichst klein gemacht, den Schal über die Nase gezogen und darauf gehofft, dass die Uni wundersamer Weise ein paar Haltestellen näher heran gerückt war als sonst...
Auf der Rückfahrt saß ich neben einer Freundin, die nicht nach altem Rauch und angezullten Glimmstängeln roch, dafür wehte uns von einem Mann ein für diese Jahreszeit doch recht ungewöhnlicher Schweißgeruch entgegen. Es ist eben nicht leicht Bus zu fahren...

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