17. Januar 2011

Gothic Friday #01 - Wie bist Du in die Szene gekommen

Bei der lieben Sibel habe ich etwas gefunden, das bei mir ja (fast) wie die Faust auf's Auge passt. Oder heißt das bei mir eher Arsch auf Eimer? Na egal...
Bei Gothic Friday handelt es sich um eine Blogaktion, die von spontis gestartet wurde. Jeden ersten Freitag im Monat wird ein Thema gestellt zu dem man bis zum dritten Freitag im Monat einen Artikel schreiben soll. Das tolle ist, dass auch Leute mitmachen können, die keinen Blog haben, denn die können sich einen bloggenden "Unterstützder" holen, der von Bloglosen verfasste Texte in deren Namen ausstellt.

Ganz passend ist das erste Thema "Wie bist Du in die Szene gekommen", ein sehr guter Einstieg, finde ich.

Wie so ziemlich jeder lief der Einstieg bei mir auch über die Musik. Ich habe früher gerne Techno gehört und in unserem hiesigen Punk-Club war einmal im Monat "Raver Night". Als ich dort mal außer der Reihe hinging war ich natürlich baff, denn zu der Zeit hatte ich mit der Punk-Szene so gar nichts am Hut. Ich war zwar mit einigen Freunden schon in meiner Realschulzeit politisch aktiv und habe so auf diversen Demos auch Punks kennen gelernt und auch den damals obligatorischen Bunderswehrparke von meinem Paps aufgetragen, aber das war's auch schon mit mir und der Punk-Szene. Als ich dann ins Gymnasium kam änderte sich das schlagartig. Ich war als Kind und auch als Jugendliche ziemlich naiv aber jetzt (mit 16) interessierte ich mich mehr und mehr für Politik und das Weltgeschehen an sich. So bin ich dann anch und nach in die Punk-Szene abgedriftet und tauschte Schlaghose und Cola gegen Lederjacke und Bier ein.
Mit der Musik konnte ich mich sehr schnell anfreunden, denn obwohl ich, wie schon erwähnt, eher Techno gehört habe, war ich auch dem Rock sehr zugetan. Passend dazu gab (und gibt) es bei uns im Kuhkaff (ca. 100 Einwohner) einmal jährlich ein Rock-Open-Air, bei dem Newcommer aus der Gegend die Chance gegeben wurde vor einem etwas größerem Publikum aufzutreten. Für die Besucher gab es also eintrittsfreie Musik und Würstchen, für die Bands Freibier und eine kleine Spende und für mich die ersten Erfahrungen hinter und unter dem Tresen. Aber jetzt drifte ich ab, also zurück zum Punk!
Ich fühlte mich in der Szene richtig wohl. Die Musik war geil und laut, die Klamotten kreativ und anders und die Einstellungen noch nicht gefaket. "Doch dann, dann kam die Wende", wenn die hier mal die Ärzte zitieren darf. Mein Lieblings-Cousin, der ein Jahr jünger ist als ich, war schon lange begeisteter Metaler und wenn wir bei langweiligen Familienfesten zusammensaßen haben wir uns mit steigendem Alter nicht mehr über Pokémon (damals noch rote und blaue Edition) unterhalten, sondern über Klamotten, Alkohol und natürlich auch Musik. Bei mir hörten wir dan Die Ärzte und Wizo und bei ihm: Metal! Blind Guardian, Metallica und co. Und da dachte ich mir, das rockt! Also habe ich mich quer beet durch die Welt des Metal gehört und wieder ging eine Veränderung in mir vor. Die zerrissene Strumpfhose landete im Schrank und ein Ledermantel musste her.
Da ich nun auch endlich über einen eigenen Internetanschluss und soviel Interesse verfügte, um ihn für meine Sache zu nutzen, wurde hemmungslos gegoogelt. Und da traf ich auf das magische Wort: Gothic. Ich las mir diverse Definitionen durch und hörte mir Musik auf youtube an. Zur selben Zeit schickte mir eine Brieffreundin, die ich in der Manga-Anime-Welle kennen gelernt hatte, eine MixCD auf der nicht nur Subway to Sally und Schandmaul vertreten waren, sondern auch Lacrimosa und L'Âme Immortelle. Ich streifte über diverse Blogs und fand mehr und mehr Gefallen an dieser Subkultur, die sich mir so vielversprechend präsentierte. Also fischte ich meine ganzen Tartanröcke und Nietensachen wieder aus dem Schrank und kombinierte sie mit Leder und allem, was sonst noch so rumlag. Ich habe damals klamottenmäßig viel ausprobiert. Gothic-Punk? Oder doch eher düster-romantisch? Wobei das Mittelaltermieder auch gut aussieht. Oder doch lieber etwas mehr in Richtung Techno-Style zurück?
Ich habe mehrere Jahre und Anläufe gebraucht um den richtigen Klamotten-Style für mich zu finden, doch dabei bin ich der "Szene" treu geblieben. In der Musik machte ich ebenso meine Experimente und so hat sich mein derzeitiger Klamotten- und Musik-Stil entwickelt. Frei nach dem Motto "Die Mischung machts" höre ich (fast) alles, was die Szene zu bieten hat: Metal, EBM, Gothic-Rock, Mittelalter, Wave, Punk-Rock... Und auch meine Kleidung lässt sich am ehesten als Stilmix bezeichnen, denn womit macht man ne coolere Figur als mit nem Rüschenkleid und Springerstiefeln und das mitten im Hochsommer!

Jetzt bleibt nur noch eine Frage offen: Wie haben meine Eltern und mein Umfeld das ausgehalten?
Meine Eltern waren schon zu meiner Punk-Zeit höchst aufmerksam. Sie konnten es nicht ganz begreifen, wie man sich so kleiden und solche Musik hören konnte, wenn man keine Probleme hatte und versuchten immer mich zum Reden zu bringen, obwohl es nichts zu reden gab. Sie hatten zwar nie vermutet, das ich Drogen nahm (über meinen Alkoholkonsum wussten sie gut bescheid) oder Todessehnsucht hatte, aber sie haben sich trotzdem Sorgen gemacht. Als sie dann merkten, das ich anscheinend echt keine tiefsitzenden Probleme hatte und mich deswegen plötzlich nur noch schwarz kleidete war für sie eines klar: Es ist nur eine Phase.
Ich muss ihnen auf jeden Fall zu Gute halten, dass sie es mir nie ausreden wollten oder mich irgendwie blöd angemacht haben dewgen, auch wenn ich ihnen das als Teenager gerne unterstellt habe. Zurückblickend war das ganz und gar nicht so. Die einzigen Bitten, die sie hatten war, dass ich nicht unbedingt mit dem Nietenhalsband bei Oma und Opa aukreuzte, aber das tat ich auch ohne ihre Belehrung. So im Nachhinein gestand meine Mutter sogar, das sie wohl eine Teilschuld hatte an meinem Wandel. Sie ist nämlich ein ziemlicher Mittelalterfreak (so wie ich auch) und hat mich schon als Kind immer zu Mittelaltermärkten geschleppt und mich so richtiggehend darauf konditioniert! Danke nochmal dafür! :D
Jetzt, nach neun Jahren haben sie auch endlich eingesehen, dass es sich nicht um eine Phase handelt... ;)
Einige meiner Freunde nahmen meinen Wandel nicht so gut auf und haben sich von mir distanziert. Da ich eh nie viele Freunde hatte war ich froh über die paar echt guten Freunde die mir blieben und hielt für die bonierten Idioten nur noch den gezückten Mittelfinger parat. Mit meinem Aussehen eckte ich in der Provinzstadt natürlich immer an, auch in der Schule, aber am Ende konnte ich (fast) alle überzeugen, dass unter Nieten und schwarzer Schminke ein intelligentes, hilfsbereites und saulustiges Mädel steckte und sie fanden es dann auch plötzlich geil, das ich so anders war. Ein Hingucker auf Partyfotos eben. ;)

Sooo, nachdem ich soviel Text geschrieben habe und ganz ohne Bilder auskam ein kleines Abschlussbildchen, das ein Fotograf auf dem Summer Breeze 08 mal von mir gemacht hat. Ich mag Bilder von mir nicht, aber das ist ganz gut geworden, finde ich.

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